Samstag, 21. Februar 2015

Marmorkapellen und ein Gletscher am zweitgrößten See Südamerikas

Mitternacht! Endlich hält der Bus nach 12 Stunden Fahrt am Zielort Coyhaique an. Zusammen mit Catherine betrete ich die dunklen Straßen der Hauptstadt,  der Region Aysen,  der ersten Region die offiziell zu Patagonien gehört. Gemeinsam mit einem Schweiz -Holländischem Paar beginnen wir die Suche nach einem Hostel. An dieser Stelle hebe ich nochmal hervor : Um 12 Uhr Nachts. Wir klingeln am ersten Hostel und nach einer Weile geht das Licht an , die Tur öffnet sich, und ein Mann teilt uns mit das schon alles belegt ist. Ein ähnliches Bild erwartet uns auch an den nächsten Unterkünften . Es wird immer später und wir dringen in immer entlaegenere Stadtgebiet e vor, wo uns allerdings auch nur Absagen erteilt werden. Dann jedoch scheinen wir Glück zu haben, denn ein netter Mann bietet uns eine Cabana,  also eine Ferienwohnung für 6 Personen , an. Schnell berichten wir dem in Bern lebenden Paar, von der durch vier geteilt, günstigen Unterkunft. Sie stimmen sofort zu und wir laufen, alle froh endlich ein freies Bett gefunden zu haben, zurück durch die Nacht ,zum Hostel mit dem freundlichen Gastgeber . Dort angekommen werden wir jedoch geschockt! In der Zwischenzeit haben bereits andere die Cabana gebucht.  Übrigens es ist Freitag der 13. Während wir die Randbezirke, welche viele, nicht gerade seriös wirkende Geschäfte beherbergt, nach freien Betten abklappern, freunde ich mich immer mehr mit der Idee an, wild zu campen. Es ist schon fast ein Uhr als wir einen entscheidenden Tipp bekommen. Ein sympathischer Hostelbesitzer erzählt uns, es gebe, am Stadtrand,  in einer früheren Turnhalle, ein gerade neu eröffnetes Hostel, dass ein relativ großes Fassungsvermögen hätte. Wir machen uns also auf, zu einer Turnhalle. Vorsichtig laufen wir durch die nachtlichen Straßen,  welche von streife fahrenden Polizisten, genauso wie mit unheimlichen Schattengestalten und grölenden Halbstarken, gefüllt sind. Schlussendlich kommen wir alle heil, zum Glück waren wir zu viert, am Hostel namens Chinchao,  an. Passend zu der Gegend ist auch das Hostel heruntergekommen , und gerade als wir ankommen sitzen einige Arbeiter mit Bierdosen in der Hand , lautstark lachend ,beisammen. Trotzdem treten wir ein und fragen den Besitzer ob noch etwas frei ist. Und Tatsächlich, wir haben Glück, denn es sind genau noch 4 Zimmer frei! Übrigens, mittlerweile ist der 14 Februar. Wir übernachten also in einer Turnhalle, ehe wir nach 4 Stunden Schlaf, die Tour zu den beruhmten Capillas de Marmol, im Lago Carrera, nahe bei Puerto Rio Tranquilo, antreten. Verschlafen verabschieden wir uns von dem deutschsprachigen Ehepaar, bevor wir in einem Minibuss durch die herrliche Landschaft des Südens ruckeln. Obwohl ich sehr müde bin, schließe ich, fasziniert von der abwechslungsreichen,  schönen Natur, bis Puerto Rio Tranquilo, nur selten die Augen. Nach zwei Pausen, an wunderschönen Aussichtspunkten, erreichen wir den größten See Chiles, den Lago Carerra . Auf der einen Seite dunkelblau, auf der anderen, fast weiß, leuchtendes Wasser, wird von schneebedeckten Gipfeln und dunkelgrün, bewaldeten Bergen eingerahmt.  Während wir noch den See bestaunen, führt uns der Guide durchs kleine, jedoch ruhige, niedliche Dorf, bis zu einem Restaurant,  in dem wir unser , im Preis enthaltenes, Mittagessen einnehmen. Es gibt als Vorspeise Cazuela,  vergleichbar mit Hochzeitssuppe,  nur statt Nudeln mit Mais und Kürbis sowie etwas Rindfleisch serviert. Danach gibt es Reis,  ich glaube das ist eine typische chilenische Beilage, mit weich gekochtem Rindfleisch. Mir schmeckt es sehr gut, den Chilenen am Tisch dagegen nur der Reis. Gestärkt geht's raus an den sonnenbeschienen See. Nachdem wir die vielen Expeditionsagenturen hinter uns gelassen haben, laufen wir an einem Kiesstrand, bis zu einer schmalen Bucht, wo schon mehrere kleine Motorboote,  in die wir wohl auch gleich einsteigen werden, auf uns warten. Ich ziehe die Schwimmwesten an und teste mal die Temperatur des Wassers. Ehrlich gesagt, ich will da nicht reinfallen.  Vorsichtig steige ich in das am Steg wackelnde Boot. Nacheinander folgen die anderen Tourteilnehmer und zu 13. fahren wir, in dem für 8 Personen geeignete Boot, los. Der Motor springt an, immer schneller beschleunigt der Bootsfuehrer, und steuert, mit dem Wind im Rücken, auf den glitzernden See zu.  Ich halte mich am Rand fest, während das Boot mit den Wellen um die Wette jagt , bis wir plötzlich vor einem großen, schwarz-weißen aus dem Wasser ragenden Felsen, abbremsen. Langsam tuckern wir auf die Felsformationen zu. Je näher wir kommen, desto deutlicher erkennt man die blau, weiß, gold, schimmernden Gesteinswande. Vor uns öffnet sich der Felsen und wir fahren durch viele kleine Marmorboegen,  die tatsächlich an kleine Kapellen erinnern. Die Felsen hier bestehen aus Marmor,  welches über Jahrhunderte hinweg vom Wasser ausgehöhlt wurde und dadurch die verschiedensten Gesteinsschichten zum Vorschein kommen. Hellblau, dunkelblau, weiß,  schwarz, gelb,  golden gestreift, glitzern die Felsen im und über dem Wasser. Mit staunend geöffneten Mund werde ich durch die glitzernden Höhlen gefahren, wobei ich aufpassen muss nicht an die Säulen und Bögen zu stoßen. Das Wasser spiegelt die Farben der Decke und Wände bis wir wieder hinaus in die Sonne schippern. Der Kapitän steuert das Boot, vorbei an immer unterschiedlicher geformten Marmolfelsen. Nach 1 Stunde staunen, geht's dann wieder zurück.  Es ist später Nachmittag,  der Wind hat aufgefrischt, dass Boot ist überladen und das Wasser eiskalt. Der Motor startet den Angriff gegen den boeigen Wind und die aufbrausenden Wellen. Wir halten uns gegenseitig fest, während die Wellen immer heftiger gegen die Front des offenen Schiffes prallen. Immer höher springt das Boot und immer tiefer kracht es in die Wassermassen zurück. Die Gischt spritzt mir ins Gesicht und ich kneife die Augen zu Schlitzen zusammen. Wind ,Wasser, die Aufschreie der Bootsinsassen und das stohnen des leidenden Motors vermischen sich zu einem großen lauten Rauschen, bis wir endlich das ruhigere Wasser der Bucht erreichen. Sichtlich erleichtert alle heil zurückgebracht zu haben, lässt uns der Lotse aus dem Boot aussteigen. Ich bin teilweise ganz schön nass geworden,  jedoch hat die Travellerhose gehalten was sie verspricht und das Wasser ist nicht bis durch das Innenfutter gedrungen. Der Mann hinter mir hat nicht so viel Glück gehabt. Nass von oben bis unten und sichtlich am frieren, steigt er zurück in den Bus, während Catherine und ich uns bei den Tourleitern verabschieden und auf die Suche nach einer warmen Unterkunft machen. Mit etwas Glück finden wir zwei freie Betten in einer familiären Unterkunft,  welche von einer strammen, aber  sehr freundlichen Senora geführt wird. Wir richten uns häuslich ein, ehe wir den nächsten Tag , nach der anstrengenden letzten Nacht und dem ereignisreichen, heutigen Tag, gemütlich verstreichen lassen.

Nach dem lockeren,freien Tag klingelt der Wecker um 6 Uhr morgens. Die Tour zum San Rafael Gletscher beginnt. Ein Jeep fährt uns die ersten 70 km Richtung Gletscher, vorbei an türkisfarbenen Flüssen, im grün versteckten Wasserfällen und schneebedeckten Bergen,    bevor ein reisender,  breiter Fluss unseren Weg kreuzt. Eine Brücke gibt es nicht, weshalb wir von einem Conaf-Mitarbeiter , in einem schmalen Holzboot hinübergepaddelt  werden. Am anderen Ufer wartet ein weißer Mininbuss auf uns, und wir fahren ungefähr eine halbe Stunde , bis zu einem weiteren Fluss. An einer kleinen Bucht, umgeben von grünen Bergen, steigen wir aus und werden sogleich von den Guides begrüßt.  Ein netter, Junger Guide und ein Steuermann bilden das Team, welches uns über den Seeweg zu dem Eisfeld führen soll. Vorsichtig steige ich in die Explora ll. Über eine kleine offene Plattform, geht es in einen, mit Fenstern gespickten und Bänken ausgestatten, schmalen Innenraum. Die Sonne scheint durch die Fenster und das turkisfarbene Wasser schwappt gegen  die Bootswand, während der Tourleiter die "On Board-Regeln" erklärt. Ich verstehe nicht viel, aber gut.  Während ich, dank eines schwarzen Cafés, langsam wach werde, fährt das Boot hinaus auf die weiten Fjorde. Vorbei an grünen Inseln, in den Himmel ragende Berge und steilen Felswänden, durchplfluegt das Boot die stille See. Wachsam halte ich Ausschau nach den ersten Eisbrocken. Es dauert jedoch eine Ewigkeit,  bis wir endlich die Laguna San Rafael erreichen und uns der Tourleiter daruafhinweist, dass so langsam Zeit für das erste Urzeiteis ist. Während der Motor gedrosselt wird und ich die ersten Condore fliegen sehe, wird es plötzlich hektisch an Board,  des mit 8 Tourteilnehmern gefüllten Zodiacks. !Mirad!  Schau! Eis! Ich drehe mich um und sehe auch zum ersten Mal in meinem Leben eine Eisscholle. Der Guide lacht, er weiß, dass noch viel beeindruckendere Eisberge auf uns warten. Anfangs halte ich bei jeder Eisscholle die Luft an und starre fasziniert die im Wasser glitzernden blau-weisen Eisbrocken an, bis sie am Horizont verschwinden. Mit der Zeit werden es immer mehr und immer größere Eisbrocken,  an denen wir immer knapper dran vorbeischippern, bis wir uns plötzlich in einem Eismeer befinden und das Zodiack, sich behutsam durch die vielen Eisbrocken kämpft. Um das mal etwas genauer zu beschreiben: Die Eisbrocken sind Meter hoch, dunkelblau bis durchsichtig,  glänzen sie in der Sonne und verbreiten,  so nahe am Rand der Reling eine einmalige, erhabene,   Atmosphäre.   Noch ganz mit den vielen Eisschollen beschäftigt,  erkenne ich auf einmal in der Ferne eine große hellblaue Wand, eingebetet, in schwarzen Felsen. Der Gletscher . Selbst aus der Ferne eine unheimliche,  majestätische Wirkung ausstrahlend,  frage ich mich, wie nahe man an diesen Koloss hernafahren kann. Ein Tourteilnehmer erwähnt die Titanic und alle lachen und trotzdem fühlt man sich in der Nähe dieser uralten Eisformationen ganz klein und unbedeutend.  Nachdem wir das Lunch auf einer kleinen, geschützten Insel eingenommen haben, nimmt der Kapitän Kurs auf den Gletscher. Vorbei an weiteren grosen , kleinen, spitzen und flachen Eisbrocken tastet sich unser Boot , vorsichtig an den gewaltigen Gletscher heran. Immer wieder stoppt, das Schiff,  und jedesmal denke ich aufs neue, beeindruckender geht es nicht, bis wir noch ein Stück näher an den Glacier herankommen.  Ich stehe an der Reling und beobachte fasziniert die Eisformationen , während dunkelblaues tiefes Wasser an mir vorbeirauscht, nähern wir uns, bis auf 60 m an den San Rafael Gletscher. Das Boot halt an, und plötzlich türmen sich am Gletscherrand riesige Wassermassen zu einer Meter hohen Welle. Ein lautes knacken ist zu hören,  bevor ein meterlanger , breiter und hoher Eisfelsen aus den Wassermassen auftaucht. Mit offenem Mund bestaunen wir das Spektakel, ehe wir uns schnell gut festhalten,  um nicht Opfer, der an den Bootsrand scheppernden Wellen zu werden. Immer wieder hören wir erst ein lautes knacken, dann ein krachen, wenn sich die Eisbrocken von der Gletscherwand lösen und als letztes, wie das Meer Tonnen von Eis verschluckt . Nach 2h am Gletscher fahren wir wieder zurück. Müde kommen Catherine und ich nachdem Tagesausflug, in unserer Pension an. Zum Glück geht es morgen erst um 1 Uhr Mittags mit dem Bus weiter, denn ich kann den Schlaf nach den vielen Eindrücken wirklich gebrauchen.

An dieser Stelle alles gute und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag liebe Renate. Während du dein Geburtstag gefeiert hast, habe ich die wunderschönen Marmor Kappelen besichtigt. Ich hoffe dein Geburtstag war so schön wie der glänzende Marmor  ;)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen