Gerade liege ich in meinem weichen Bett, nach 2 Tagen Campen ganz angenehm, und lausche durch das Fenster, den im Garten, chilenische Countrysongs spilenden, Wandermusikern. Ich beginne im Takt nickend (wahrscheinlich eher nicht im Takt so wie ich mich kenne), zu schreiben.
17.02. 2015
Um halb elf stehe ich gemütlich auf, schleiche aus dem Zimmer um Catherine nicht zu wecken und trete, nachdem ich notgedrungen mit eiskaltem Wasser geduscht habe, hinaus, auf die stillen, sonnenbeschienen Straßen Puerto Rio Tranquilos. Ich schlendere fröhlich pfeifend, die Straße richtung azurblauen Lago Carrera entlang, kaufe in einem schnuckeligen Laden, Huevos, gerade aus dem Garten gepflückte Tomaten, Nectar de Naranja, Mantequilla con sal und bezahle, da habe ich echt Glück, mit CreditKarte, bevor ich, in eine noch kleinere Panderia gehe, um frische, noch warme Brötchen, meinem Einkaufskorb hinzuzufügen. Zufrieden kehre ich in unsere verlassene Pension, die Hausherrin arbeitet tagsuber in einem Lokal, zurück, wecke Catherine auf und revanchiere mich für das Mittagessen gestern, indem ich das Frühstück zubereite. Während wir Ruhrei, die frischen Tomaten und die warmen Brötchen genießen, plaudern wir in gebrochenem, langsamen Spanisch über Chile, Deutschland, das Studium und wie wir am geschicktesten nach Puerto Bertrand trampen. Ich glaube die Chilenen verstehen nicht so gut Ironie, obwohl es natürlich auch an meinem Spanisch liegen kann, dass mir Catherine glaubt, dass in Deutschland auch Männer Bikinis tragen. Fragt mich bitte nicht, wie wir daraufgekommen sind. Jedenfalls machen wir uns um 12 Uhr auf den Weg zur Caretera Austral, am Rand des Dorfes, um dann, doch den Bus dem Hitchhaken oder auf spanisch dem "hacer dedo" vorzuziehen. Hacer dedo heißt übrigens übersetzt Daumen machen, was richtig gut passt, wie ich finde. Gegen Nachmittag kommen wir dann in Puerto Bertrand an und beziehen unsere Hospedaje. Das Dorf hat laut LonelyPlanet weniger als 100 Einwohner und ich erkenne auch nur eine Straße , welche jedoch an dem wunderschönen, türkisfarbenen Lago Bertrand , durch den, der für das spektakuläre Rafting bekannte, Rio Baker, fließt , liegt. Wir buchen eben jenes Rafting und brechen am nächsten Morgen , nach einem tollen Frühstück mit frischen Brötchen und hausgemachter Marmelade auf zur Rafting Tour. Nachdem ich die Einweisung, dank der Vorführkunst des jungen, fröhlichen Tourleiters, zumindest teilweise verstanden habe, stürzen wir uns auch schon in die Fluten des Rio Bakers. Auf "adelante" paddeln wir zu sechst durch die Strömungen, um auf "alto" schnell das Paddel hochzunehmen und uns bis zum nachsten Strudel treiben zu lassen. Zwischendrin müssen wir alle einmal über Bord springen und uns am Boot festklammernd von dem hellblauen Wasser hin und her werfen lassen. Bevor wir den turbulentesten Abschnitt erreichen, entdecken wir am Flussrand noch eines der ganz seltenen, geschützten Huemulus . Um das letzte Teilstück unserer Fahrt zu überstehen müssen wir geschickt unser Gewicht verlagern, weshalb wir uns alle aufeinander in die Front des Schiffes werfen, um dann von den Wassermassen überrollt und an den Strand getrieben zu werden. Nass von oben bis unten ist das unglaublich spaßige Spektakel dann auch schon vorbei und nachdem wärmenden Café geht es zurück zum Hostel, von wo aus Catherine und ich den Bus Richtung Süden nehmen. Mitten im Niergendwo an der Kreuzung zur Schotterstrase hinüber zur Argentinischen Grenze lässt mich der Busfahrer aussteigen. Ich verabschiede mich von Catherine, mittlerweile habe ich auch die chilenische, Rechte-Wange-Kuss-Begrüßung ( und Verabschiedung ) drauf, bevor ich mich gefühlt im Niemandsland , umgeben von trockener Steppe, auf die Suche nach dem Parque Patagonia und dem Valle Chacabuco mache. Ich stehe, auf einer staubigen Schotterstrase, mit einem voll bepackten Rucksack auf den Schultern, weit und breit keine Zivilisation zu sehen. Nach einem Blick in den LonelyPlanet Reiseführer beginne ich die Wanderung entlang der Passstrase nach Argentinien. Der Nationalpark soll 11 km östlich eines , mir versteckt gebliebenen "Entrada " Schildes, an dieser Straße liegen. Schritt für Schritt wirbele ich den Staub auf und hoffe, bald den Eingang des Parques zu entdecken. Den kleineren Rucksack mit dem Proviant vorne angeschnallt, nehme ich immer wieder ein Schluck Wasser , während ich einen unbestimmten Takt trommele und weiter durch die warme Steppenlandschaft ziehe. Meter für Meter kämpfe ich mich vor, bis ich mal wieder unglaublich viel Glück habe, und zwei nette Damen aus Santiago mich in ihrem Van bis zum Park fahren. " Estas loco? " fragen sie mich, weil ich allein mitten im Niergendwo auf ein kleines Tal hoffe. " Un poco" antworte ich, und ich stelle fest, dass ich wirklich viel Glück habe, denn 11 km hätten sich lange dahingezogen. Jedoch taucht tatsächlich mitten im Niemandsland ein kleines Dorf auf, besser gesagt 4 bis 5 Häuser und so erreiche ich, um 18 uhr das moderne Besucherzentrum im Valle Chacabuco, besorge mir eine Karte des Nationalparks und nutze das gute WLAN, um nochmal ein Lebenszeichen hinaus in die zivilisierte Welt zu senden. Wer weiß wann ich dazu wieder komme? Kurze Zeit später schlage ich mein Zelt auf, esse spärlich zu Abend, ehe ich mich in meinen warmen Schlafsack verkrieche. Am nächsten Morgen wache ich wie immer beim Campen, vom Sonnenaufgang geweckt, auf. Das Wetter scheint auf den ersten Blick drüb, während der Morgen vergeht, wird es jedoch immer schöner. Ich packe mein Proviant in den Regenschutz des Schlafsackes, da mein kleiner Rucksack den Geist aufgegeben hat, und hänge mir diesen wie in den Märchen, die Wandersöhne, an einem Stock, über die Schulter und beginne die 26 km lange Wanderung. Die ersten 10 km gilt es 700 Hohenmeter zu überwinden. Der Weg gleicht einem schmalen Pfad der nur alle hundert Meter mal von einer kleinen orangenen Fahne gekennzeichnet wird. Durch kurze, bewaldete Abschnitte und überwiegend mit Sträuchern bewachsene Steppe, wandere ich Meter für Meter den steilen Pfad hinauf. Bis die Sonne endgültig die Wolken vom Himmel verdrängt hat, erreiche ich, laut schnaufend, den Gipfel, wo mich ein atemberaubendes Panorama erwartet : Das schneebedeckte Jeinemi-Gebirge auf der einen Seite und die steilen Felsen neben mir rahmen das, mitten in der bergigen Steppe liegende Tal, ein. Staunend beobachte ich einen majestätischen Vogel, eventuell ein Condor, der mit ausgebreiteten, weißen Schwingen, dem braunen Rumpf , mit dem glänzenden, ebenfalls weißen Kopf, kreiselnd das Tal hinauf fliegt. Nachdem ich wieder zu Atem gekommen bin, schaue ich mich nach dem Wanderweg um, welcher jedoch in der kargen Steppe verschwindet. Ich entdecke allerdings zwei Wanderer, die mir auf einem kleinen Pfad entgegenkommen und beschließe, diesem in entgegengesetzter Richtung zu folgen. Die ersten Meter ist der Pfad, welcher einen steilen Abhang entlang hangelt, noch gut zu erkennen , bis er jedoch mit der Zeit immer schmaler wird und ich anfange mich zu fragen ob ich noch richtig bin. Vorsichtig setze ich einen Fuß vor den anderen, über rutschige Erde, wackelige Steine und sogar über einige vom Steinrutsch betroffenen Abschnitte , bis ich mir endgültig sicher bin nicht mehr auf dem Wanderweg zu sein, da auch keine farbigen Fähnchen mehr zu erkennen sind. Mit einem unguten Gefühl, alleine, in der wohlgemerkt unter anderem von wilden Pumas belebten, Wildnis, hole ich meine Karte des Nationalparks heraus, welche mir bestätigt das ich mich eindeutig verlaufen habe. Ich entscheide, mich noch einige Meter weiter nach vorne zu kämpfen, in der Hoffnung dort wieder auf einen Pfad zustoßen. Ich springe also, mit einem unangenehmen Bauchgefuhl, die steilen Hänge hinab. Jedoch auch nach zwei weiteren, umrundeten Hügeln, entdecke ich keinen Wanderweg. Mit der Zeit beginne ich leicht panisch zu werden, weil ich wirklich Respekt davor habe, sich hier in der Wildnis zu verirren. Ich laufe vorbei an Tierknochen, schaue mich immer wieder um, die Warnung der Parkinformacion vor den Pumas im Kopf, was ja auch der Grund war nicht am Wanderweg wild zu campen, und versuche nicht hektisch zu werden. Ein verstauchter Fuß wäre jetzt tödlich. Ich beschließe zurück zu gehen auch wenn dies ein weiter, steiler , rutschiger Weg wird. Über Felsen , ausgetrocknete Stöcke, Erdrutsche kämpfe ich mich zurück hoch zum Ausgangspunkt. Meine Knie beginnen zu schmerzen, die Konzentration lässt nach und ich werde immer verzweifelter, bis ich plötzlich abrutsche und gerade noch mein Proviant festhalten kann. Vielleicht brauche ich das noch, wenn ich mich hier verirre. Ich schiebe diesen Gedanken jedoch schnell wieder beiseite und zwinge mich Ruhig und Konzentriert zu bleiben, was Einsam mit brennenden Waden, mitten in der trockenen Stepperutschigen, schwer ist. Nach Atem ringend arbeite ich mich Stück für Stück zurück. Während ich mich an den unterschiedlichen Felsformationen orientiere, geistern ständig, neue gruselige Gedanken durch meinen Kopf, die ich schnell wieder verscheuche. Nach 2h auf Irrwegen erreiche ich dann, fertig mit der Welt, und vollkommen außer Puste, die Plattform, wo der ursprüngliche Weg verschwunden war. Natürlich entdecke ich ein paar Meter weiter eine kleine orangene Fahne. Ich verfluche meine Naivität, nicht früher umgekehrt zu sein und blindlinks den beiden Leuten, welche wahrscheinlich, nur ein paar Meter für eine schöne Aussicht dem falschen Pfad gefolgt waren, vertraut zu haben. Ich beschließe trotzdem den Rundweg zu Ende zu wandern, jedoch genauer auf die Wegmarkierungen zu achten. Vorbei an herrlichen Seen, schattenspendende Wälder und klaren Bergbaechen, schaffe ich es tatsächlich bis vor Sonnenuntergang zurück zum Campingplatz. Trotz einundhalb Liter Wasser dröhnt mein Kopf als ich an meinem Zelt ankomme. Ich dusche eiskalt, bevor ich mich in den letzten Sonnenstrahlen des Tages ausruhe und fast mein gesamtes Campingproviant aufesse um wieder zu Kräften zu kommen. Fertig von dem etwas zu abenteuerlichen Tagdem, schlafe ich in meinem Zelt sofort ein. Mitten in der Nacht muss ich dann das Bad aufsuchen, was ich erwähne, weil mir ein klarer mit hunderttausenden Sternen übersäter Himmel entgegenblickt, als ich aus meinem Zelt trete. Mit offenem Mund bleibe ich stehen und schaue zu den vielen Sternen auf. Ein Teil des Himmels sieht wie eine Straße voller hell, leuchtender Punkte aus, während ringsum, sogar verschlafen wie ich bin, die verschiedensten Sternzeichen, wie der große Wagen zu erkennen sind. Atemberaubend! Dafür lohnt sich jedes Abenteuer!
5 Monate durch Chile reisen. Gletscher, Königspinguine, Wüste, Geysire, Vulkane, indigene Kulturen und vieles mehr, hält das längste Land der Welt geheim. Von Feuerland über Patagonien zur Atacama-Wüste bis hoch ins Andenaltiplano, 4.300km und über 39 Breitengrade von Süd nach Nord. Ein Land das fasziniert und noch viel unentdecktes bereithält. Seid Ihr mutig genug es zu erkunden? Die Geheimnisse von Bolivien und Peru gibt es hier: Der Link: travelandexploreboliviaperu.blogspot.com
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