Am nächsten Morgen lasse ich mich wieder vom Sonnenaufgang wecken, bevor ich mein Zelt abbaue, die Nächte waren glücklicherweise trocken, und mich mental auf die 30 km Trampen, nach Cochrane, vorbereite. Der erste Abschnitt der Strecke, also vom Tal bis zur Caretera Austral, darf ich auf dem Hänger eines Jeeps mitfahren. Es ist fantastisch! Bei blauem Himmel und Sonnenschein rast die Landschaft , während der Fahrtwind mir um die Ohren weht, noch einmal an mir vorbei. Der Ritt auf dem Anhänger des Autos ist besser als Achterbahn fahren und ich liebe Achterbahnen! Jedenfalls habe ich auch, auf dem zweiten und letzten Abschnitt bis Cochrane, schnell Erfolg, und ich darf mich in einen um einiges kleineren Jeep quetschen, indem zwei Junge Chilenen einen typischen Roadtrip machen. Nach den letzten , sehr aufregenden 72 Stunden, ruhe ich mich zwei Nächte in Cochrane aus. Ich suche nach guter europäischer Küche und finde letzten Endes ein kleines Café, indem ich gute Quiche esse, welche allerdings meine Lust auf ein gutes Zwiebelschnitzel oder ein saftiges Hähnchen nicht stillen kann. Trotzdem erhole ich mich in den zwei Tagen, bei Sonnenschein, während ich den dritten Sieg der Dortmunder in Folge feiere, sehr gut. Es kann also losgehen. Ab geht's in den tiefen Süden, ans Ende der Caretera Austral, der letzten chilenischen Festlandverbindung. Um 9 Uhr morgens fährt der vollgestopfte Kleinbus, nach Caleta Tortel, wo ich pünktlich gegen Mittag ankomme. Der Bus hält etwas vor dem Ort , auf einem kleinen Hügel und das, hat seinen Grund! Caleta Tortel ist ein Fischerdorf, welches am Rande des Pazifikfiordes an der Mündung des Rio Bakers, auf Holzstegen bzw Holzstelzen gebaut ist. Ich laufe, zwischen den nebelverhangenen Bergen, den Steg hinab, immer das grüne Wasser der Fjorde im Blick, an kleinen Holzhuetten , aus deren Schornsteine gleichmäßig Rauch aufsteigt, bis zur Mündung des Rio Bakers, wo ein wunderschöner Campingplatz liegt. Wahrend ich so dahin schlendere schweifen die Gedanken wirklich wie magisch hin und her. Ich bin fast geneigt mein Roman weiterzuschreiben, weil die Stimmung an diesem Ort wirklich fantastisch ist.
Ein Chile erzählt mir, dass es bis vor 2-3 Jahren keine Strasenverbindung gab, was bedeutet, dass man dieses Dorf also nur per Boot erreichen und auch nur per Boot von dort fort konnte. Es muss also eine nochmal besondere Atmosphäre ausgestrahlt haben. Am nächsten Morgen verschlechtert sich das Wetter allerdings nochmal. Ich liege in meinem schmalen Zelt, manchmal fühle ich mich wie in einem Sarg, und höre das gleichmäßige prasseln der Regentropfen auf mein Zeltdach. Es wird auch nicht wirklich hell, da dichter Nebel der Sonne jegliche Kraft nimmt. Um 10 Uhr traue Ich mich dann aus dem Zelt hinaus, in das triste, nasse Wetter des Tages. Nach einem kalten Frühstück, ziehe ich mir meine Kapuze weit über die Stirn und laufe die feuchten , einsamen Stege entlang. Während ich alleine, auf die dichten grauen Wolken schaue und dem regelmäßigen Tropfen des Regens auf die raue See lausche, ist alle magie verschwunden und in mir kommt zum ersten Mal eine etwas traurige Stimmung auf. Es ist kein Heimweh und auch keine Einsamkeit die ich verspüre, vielleicht ist es die Tatsache, dass ich nicht weiß was ich unternehmen soll, kein festes Ziel, keinen Zufluchtsort, bei diesem tristen Wetter habe. Ich hole mein Walkmen hervor und ändere die Musik auf fröhliche Countrysongs und langsam hebt sich meine Stimmung wieder. Ich beschließe, auch um mich abzulenken, einen Trekkingpfad zu suchen. Über die feuchten, verlassenen Stege, vorbei an rauchenden Schornsteinen, marschiere ich den Berg hinauf,bis die Stege plötzlich Enden und es auf halbierten Baumstämmen weiter hinauf geht. Ich balanciere vorsichtig über die rutschigen Baumstämme, da ich wirklich nicht in das schlammige Moos, neben mir treten möchte. Mit der Zeit geht es immer steiler hinauf, und ich bin froh, dass die Macher des Wanderweges daran gedacht haben, kleine Holzstucke, für einen besseren Halt, an die rutschigen Baumstamme zu nageln. Weiterhin geht es steil aufwärts, während die Holzpfade immer wieder steinigen, Felsabschnitten weichen. Aufwärts schaffe ich es recht gut die nassen Steine zu erklimmen, ich frage mich jedoch wie das abwärts gehen soll? Je höher ich komme desto öfter weicht der Weg , matschiger, abgetretener, nasser Erde. Warum habe ich ausgerechnet heute die Halbschuhe an?? Ich springe von Stein zu Stein immer geradeso das Gewicht ausbalanciert und will schon fast meine Wanderung abbrechen, als ich den Aussichtspunkt sehe. Die letzten Meter kämpfe ich mich vor, bis ich einen traumhaften 360° Rundumblick, über die von grünen Hügeln und türkisfarbenen Fjorden , geprägte Landschaft habe.
Der Blick ist atemberaubend und ich fühle mich wieder richtig gut.
Nachdem ich staunend das Panorama genossen habe, geht es an den Abstieg. Der Regen tropft auf meine Schultern und vermischt sich mit den Schweißperlen im Gesicht. Der mosbewachsene Untergrund ist nass , die Holzpfade rutschig und die Steine glatt. Ich arbeite mich Schritt für Schritt vor, jedesmal kurz davor auszurutschen, bis ich plötzlich wirklich den Halt verliere und mein linkes Bein im Schlamm landet und das auch noch kurz vor Ende des Treks. Ich verfluche mich, muss jetzt aber damit Leben das meine letzte verbliebene Hose, die anderen habe ich aus Gewichtsgruenden zurückgelassen, mit Erde verschmiert ist. Aber gut, das trocknet mit der Zeit, obwohl wenn es so weiter regnet.... Gegen Abend kehre ich zum Zeltplatz zurück, wo ich mich zu vier Chilenen setze. Ich frage wo sie herkommen und wie bisher immer, kommen wir schnell ins Gespräch. Nachdem Ich die Chilenen frage was sie mir für typische Speisen und Getränke empfehlen können, bekomme ich eine ganze Liste aufgesagt, welche ich vorhabe auch wirklich abzuhacken. Mate, ein typisches patagonisches Teegetränke probiere ich schon heute. Es ist super, vielleicht leicht aufpuschend aber schmeckt toll. Während der Mate seine Runden macht, er wird traditionell mit allen geteilt, wird die Stimmung immer ausgelassener und auch wenn ich nicht alles verstehe, genieße ich, gut gelaunt, den Abend. Sogar die Sonne kommt noch heraus und ein vollständiger Regenbogen zeigt sich am Himmel und wieder Mal stelle ich fest, wie sehr die Chilenen die Natur fasziniert. Nach einem herrlichen letzten Abend in Tortel, geht es am nächsten Morgen, nach Villa O' Higgins. Mit einem kanadischen Pärchen aus Vancouver, das ich ebenfalls auf dem Campingplatz kennen gelernt habe, laufe ich die Stege hoch zum Bus, ehe die Fahrt ans Ende der Caretera Austral beginnt. Während der Bus an immer höhere von Gletschern bedeckte Berge auf die nördlichen Eisfelder zurollt, zähle ich die Kilometer bis Villa O Higgins. Mittags, pünktlich zum Champions league Spiel der Dortmunder, komme ich am letzten , mit dem Chilenischen Straßennetz angebundenen Ort, an. 1240km der sagenumwobenen Caretera Austral sind überwunden! Ob per Bus, per Anhalter, per Boot, oder auch Mal ein paar Kilometer zu Fuß, mein erstes Ziel ist erreicht. Bevor es weiter nach Argentinien geht , schlage ich mein Zelt für zwei Tage im kleinen, an den wilden Westen erinnernden Ort, auf.
Bei warmen Sonnenschein lege ich mich in die Hängematte im Schatten der Holzveranda, der Ranch, und bewundere den Blick auf die gewaltigen Berge des Südens. Die beiden Tage verbringe ich gemütlich , in der einladenden Atmosphäre des Hostels.
Ich nutze die Gemeinschaftskueche, um mir endlich wieder Mal was warmes zu Essen zu machen, studiere ein bisschen die genauen Karten, unterhalte mich mit den unterschiedlichsten Travellern und um nicht nur auf der faulen Haut zu sitzen wandere ich auch ein paar Stunden ohne Ziel in der Gegend herum. Ich entdecke eine Rodeo Arena, doch leider habe ich die Festspiele um eine Woche verpasst. Trotzdem beschließe ich, einen Besuch eines Rodeofesttages in meine Reiseplanung einzubeziehen, die Arena alleine sieht nämlich schon spektakulär aus. Nach eiskalten Nächten, in denen am nächsten Morgen die warmere Luft aus dem Zeltinneren dampfend entweicht , geht es vor Sonnenaufgang los Richtung Argentinien. Die zweitägige Abenteuer-Rute über die Argentinische Grenze kann beginnen.
5 Monate durch Chile reisen. Gletscher, Königspinguine, Wüste, Geysire, Vulkane, indigene Kulturen und vieles mehr, hält das längste Land der Welt geheim. Von Feuerland über Patagonien zur Atacama-Wüste bis hoch ins Andenaltiplano, 4.300km und über 39 Breitengrade von Süd nach Nord. Ein Land das fasziniert und noch viel unentdecktes bereithält. Seid Ihr mutig genug es zu erkunden? Die Geheimnisse von Bolivien und Peru gibt es hier: Der Link: travelandexploreboliviaperu.blogspot.com
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