Ungern öffne ich wieder die Augen und löse mich von dem rauen Stein.
Nebeneinander stehen Joshi und ich thronend, auf den Felsen, über dem Meer, unterhalb des Zeltplatzes. Die Sonne verschwindet allmählich hinter der ins Meer ragenden, grünen Westküste und färbt den wolkenlosen Himmel hellblau bis dunkelila. Faszinierend betrachte ich die kräftigen Farben, wie sie nahtlos ineinander übergehen und im Hintergrund der sichelförmige Mond langsam, deutlicher zu erkennen ist. Die langen, klagenden Ausrufe der Möwen, verblassen, während ich den Felsen wieder hinabklettere und mir einen Weg, durch das dichte Gras, hoch zu unserem Campingplatz bahne. Joshi springt ebenfalls behände von den rot, braunen, aus dem Wasser ragenden Gesteinsbrocken hinab und folgt mir den Weg hinauf. Wie selbstverständlich begleitet uns der halb blinde Husky der Campingplatzbesitzer.
Nach einem letzten guten Frühstück in Puerto Montt fuhr unser Bus, der uns, auf die größte Insel Chiles bringen sollte, los. Nach 2/3 der Fahrt, brachte uns eine Fähre weiter Richtung Ancud, von welcher aus, wir Delphine oder Seelöwen, im von der Sonne schimmernden Wasser entdeckten. Auf den Fotos wird deutlich , es waren Seelöwen, allerdings sollen auch Delphine unsere Reise noch begleiten. Nach der kurzen Fährüberfahrt, kommt noch einmal kurz Panik im Bus auf, da die Tür zu den Fahrgästen nicht aufgeht. Der junge, schweißgebadete Servicemann löste das Problem allerdings rechtzeitig, sodass wir gegen Nachmittag pünktlich in Ancud ankommen. Nach einer kleinen Campingplatzsuche, bei der uns zwei Polizisten gerade die entgegengestzte, falsche Richtung zeigten, schlagen wir unser Zelt auf dem herrlichen Camping Vista Hermos auf. Und ja, der Panorama Blick ist , vor allem bei diesem unglaublichen Wetter, mehr als famos. Der Besitzer leiht uns für diesen Abend Holz, sodass wir ein schönes Feuer entfachen. Während die Flammen das Holz knistern lassen und das Wasser im Topf langsam sidet, die Paprika und die Karotten zu mindest halbfertig gegrillt werden, erinnern wir uns an die Abende auf dem Gelände in Rippenweier.
" Du bist immer noch so ein Feuerteufel. Das brennt jetzt schon von alleine. Keine Sorge. " lacht Joshi und ich fange ebenfalls an zu lachen.
Wir machen uns Nudeln mit Gemüse und Tomatensauce, bevor wir hinunter an den Kiesstrand wandern, wo uns die Anfangs beschriebene Szenerie einfängt.
Nachdem wir am nächsten Tag gemütlich den Fischmarkt besucht und die Tour zum "Monumento de Piniuhil" gebucht haben , laufen wir, an unserem letzten Tag auf Chiloe los, Richtung Innenstadt, wo die Tour starten soll.
Frühzeitig marschieren wir, nach mehreren Portionen Cornflakes mit Milch, die Joshi zum ersten Mal mit Milch ist und ihn hellauf begeistern, in kurzen Hosen und T-Shirt die Costanera Norte hinunter, ins Zentrum. Da wir die Nachmitagstour gebucht haben, ( wollten ausschlafen ) bleibt uns noch genug Zeit um das Stadtzentrum genauer zu studieren. Die kleine Plaza ist zwar , wie bisher alle chilenischen Städte, das ausgeschriebene Zentrum der Stadt, jedoch spielt sich das Kleinstadtleben vor allem auf dem Mercado Municipal ab, wo geschäftiges Treiben herrscht, ohne die typische, chilenische Ruhe zu verlieren. Nach einer überdimensional großen Eiskugel betreten wir den Mercado. Rechts und links von uns reihen sich Kisten voller frisch geernteten Karotten, Paprika, kleine und große Zwiebeln, Tomaten, noch mit Erde verschmierten Kartoffeln, große runde Käse, getrocknete Muscheln und Algen, sowie verschiedenste Sorten an Honig und selbsgemachter Marmelade. Das frische Gemüse und die verschiedenen, verlockenden Früchte vermischen sich zu einem natürlichen Duft, sodass es schwer ist den anpreisenden Verkäufern zu widerstehen. Letzten Endes probiere ich ein Stück des hellgelben großen, runden Käse. Wir gelangen in den hinteren Teil des Mercado Municipal und jetzt beginnt Joshi zu schwärmen. Uns umgeben die unterschiedlichsten frisch gefangenen Fische. Alle sind sauber und frisch, sodass sie im Licht glänzen und die verschiedenen Farbtöne wie das pinke-orangene der Lachse genauso wie die anderen, mir unbekannten Fischsorten, kräftig hervorstechen. Joshi ist von dem frischen Fischgeruch sowie den vielen ganzen Fischen begeistert. Und da habe ich die großen Körbe, voller Muscheln verschiedener Sorten , sowie das gekonnte zurichten der Verkäufer , noch nicht erwähnt. Wir spüren förmlich das Ancud ein typisches Fischerdorf war und teilweise noch ist, bevor wir die hohe Halle wieder verlassen und uns an das grnadiose traditionelle Fischgericht Curanto erinnern, daß wir gestern genossen haben. Es war sehr lecker!
Mit dem Duft der Meeresfrüchte im Gedächtnis, laufen wir wieder zurück auf die Plaza, von wo aus wir beschließen uns das Museum über die Chiloenischen Holzkirchen, die zum Weltkukturerbe ernannt wurden, zu besuchen. Zeit bis zum Tourbeginn haben wir noch genug. Das Museum ist selbst in der Holzkirche von Ancud untergebracht, sodass wir die feine architektonische Kunst hautnah bestaunen können. Doch auch die vielen Miniaturnachbauten, der anderen zur UNESCO Weltkukturerben ernannten, im Chilote Stil erbauten Kirchen, sind beeindruckend, genauso wie die enge Bindung der Bevölkerung zu den Kirchen und deren Bedeutung für die Kultur und Historie der Insel.
Nach einem gemütlichen Rundgang geht es zurück zum Mercado, wo unsere Tour startet. Wie steigen die Treppen hoch in den zweiten Stock der Markthalle und laufen an den vielen handgemachten Holzandenekn den sogenannten "Artesanias " vorbei, bis zum Büro der Tourismusagentur, wo unser Ausflug zu dem Monumento de Piniuhil beginnt. Die Sonne scheint durch den vollgestopften Van, während unser gut gelaunter Fahrer, den Motor anschmeist. Schon vor Tourbeginn finden zwei gut gebaute Chileninen gefallen an Joshi. " Un lindo Nombre ''Joshua '' "sagen sie begeistert und wiederholen den Name Joshua besonders gerne. Viel zu schnell erzählen sie uns irgendwas, das wir nicht verstehen, aber das spielt keine Rolle. Sie finden Joshi einfach klasse. "Joshua de alemana " und noch einiges mehr das wir nicht verstehen, stellen sie Joshi, jeden im Bus vor, während dieser ungestört neben mir einschläft. Ich lasse ihn schlafen und die Frauen weiter von ihm schwärmen, bis wir plötzlich über den Strand, durch das seichte Meerwasser fahren und uns der Busfahrer aussteigen lässt. Wir sind da. Wie so oft bei den Touren beginnt auch diese erstmal mit einer Pause.
"Una Hora, por comida "
Wir sind erstmal enttäuscht das die Tour, bevor sie so richtig beginnt, gleich pausiert. Wie auch immer, das Wetter ist wunderschön, das erfrischende Wasser kühlt unsere Füße, während wir hinaus auf die drei grünen Felsen und das blaue Meer blicken. So lässt sich jede Pause aushalten. Trotzdem beschließen wir zu einem kleinen Aussichtspunkt zu wandern. Nach nichtmal fünf Minuten bergauf, durch grünen Regenwald, bleiben wir auf einer schmalen Lichtung stehen. Wir blicken hinab auf das weite , von der Sonne glitzernde Meer und plötzlich zeigt Joshi aufgeregt auf einen kleinen, grauen Punkt in der Ferne. Im Wasser, erkenne ich jetzt auch die grauen Rücken der Delphine, die wir stolz beobachten, bis sie hinter den grünen Inseln, unserer Sicht entschwinden. Die Stunde ist um und langsam finden sich alle an der kleinen Fischerhütte ein, wo uns einheimische Skipper abholen sollen. Pünktlich um halb fünf schippert das Holzboot auf den Strand zu. Mittlerweile ist Flut, weshalb die Beiden, kräftigen, braungebrannten Bootsführer stark gegen die Wellen ankämpfen, um das mit Passagieren gefüllte Boot an Land zu ziehen. Nach einer halben Ewigkeit und zwei ausgepowerten, aber fröhlichen Kapitänen, fahren diese uns mit einer schmalen Holzplattform auf Rädern, durch das Wasser, bis wir auf das Boot springen und einer nach dem anderen sicher im schaukelnden Boot sitzt. Der jüngere Skipper springt als letztes an Board, kurz bevor die Wellen über seinem Kopf zusammenschlagen, und kappt die Taue. Der Motor wird angelassen und unser Boot gewinnt an Fahrt.
Die Abendsonne glitzert auf dem tiefen Blau, während wir gespannt nach den Maggelanpinguinen Ausschau halten. Ich hoffe das die Einheimischen die versteckten Plätze der Pinguine kennen und bin gespannt wie Nahe wir Ihnen kommen können. Das Boot schiebt die Wellen mittlerweile zügig beiseite , sodass wir uns schnell dem ersten, grün-braunen, aus dem Meer ragenden Riesen nähern. Der Fährmann drosselt den Motor, wodurch unser Boot allein von der Strömung getrieben auf die Insel zufährt. Wir stehen auf um besser sehen zu kennen, während unsere Bootsführer etwas unverständliches auf Chilenisch erklären. Plötzlich ein lauter Ausruf. Da entdecke ich die kleinen grau-weißen Pinguine auch. Eine Handvoll von ihnen steht geschickt balancierend auf dem braunen Fels, nahe am Wasser. Weiterhin tuckern wir auf die kleinen unbekümmerten Watschler zu. Ehrlich gesagt , die Magellanpinguine bewegen sich kein bisschen mehr als die Artverwandten der Königspinguine auf Feuerland . Aber die einheimischen Guides haben noch einiges parat. Das Boot fährt rückwärts über das Meer , dreht sich einmal um die eigene Achse, ehe es auf die zweite, große grüne Insel zusteuert. Zuerst erkennen wir nur grauen Stein, bis der Bootsführer auf die perfekt getarnten Kormorane zeigt und jetzt entdecken wir sogar unzählige der schwarzen Vögel in den Spalten des Gesteins. Der Kahn umrundet gemächlich den zweiten Felsen, bis wir begeistert die Augen aufreisen. Direkt vor unserem Boot, am steilen Ufer des Felsen watschelt ein halbes Dutzend Pinguine herum, die um einiges aktiver sind. Erfreut beobachten wir, wie die Pinguine ins Wasser springen und geschmeidig, den Schwung der anbrandenden Wellen ausnutzen um zurück auf den grauen Stein zu gelangen. Neben den Pinguinen tauchen auch noch zwei Otter auf und das gesamte Boot steht fasziniert auf . Fotos klicken, fröhliche Ausrufe und die stolzen Erklärungen der Guides begleiten uns zurück zum Strand, wo das nächste Highlight des Tages auf uns wartet. Nachdem wir ausgestiegen sind und schon auf dem Weg zu dem kleinen Restaurant am Strandende sind, deuten die beiden, Joshi begeisterte, Chileninen auf einen Punkt in unserem Rücken. Irritiert drehen wir uns um und entdecken ebenfalls den kleinen auf den Strand wackelnden Pinguin. Vorsichtig nähern wir uns dem jungen Magellanpinguin. Die Chilenin hat weniger Respekt und kniet sich als erstes neben dem schüchternen, aber keineswegs scheuen Pinguin. Kurz darauf trauen auch wir uns nahe an den Pinguin, sodass wir diesem von Angesicht zu Angesicht gegenüber gestanden hätten, wäre er größer gewesen. Die Frau hat sogar den Mut den Pinguin anzufassen, was wir aus Respekt und Vorsicht unterlassen. Trotzdem setzen wir uns neben den Pinguin der ohne Scheu, leicht frierend, neugierig zu uns aufschaut. Wir beobachten den kleinen, niedlichen Pinguin, bis ein Conaf - Mitarbeiter den Pinguin einfängt und uns erklärt, dass es ein Pinguinkind war, welche manchmal zum aufwärmen aus dem kalten Wasser sich an den Strand verirren.
Wir sind jedenfalls begeistert einem Pinguin so nahe gekommen zu sein und krönen den Tag am Abend, nach Folienkartoffeln, halb gekochten Muscheln und gegrillten Paprika, mit Cookies und einer Packung Milch, bei der wir bei jedem Schluck auf etwas anstoßen. Auf Chile. Auf Pinguine. Auf Frauen. Auf das Wetter und und...... Angeheitert von uns selbst und wer weiß, vielleicht der Milch, kuscheln wir uns zufrieden in unseren Schlafsack.
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