Eiskalter Wind lässt mein Zelt erzittern, Äste fallen laut polternd auf den Boden und ich spüre förmlich, wie unter und neber mir, Wasserrinnsale entlang strömen. Ein Blick auf die Hamdyuhr verrät mir, es ist 12 Uhr Nachts. Müde, aber unfähig zu schlafen, betrachte ich die nassen Zeltwände , während ich versuche, diese so selten wie möglich zu berühren. Die untere Hälfte des Schlafsackes ist genauso wie die obere, vollkommen nass und ich bin froh, dass die Eskimo Mütze und der Schal aus Nepal zumindest mein Gesicht gut wärmen. Ich spanne die Muskeln an um sie dann wieder zu lockern und versuche so, dass Blut in Wallung zu bringen. Vielleicht hilft auch eine romantische Vorstellung und ich muss sogar kurz schmunzeln, ehe der nächste eiskalte, heftige Windstoß mein Zelt erzittern lässt. Kurze Zeit später schaue ich wieder auf die Uhr und es ist schon 02:00 Uhr Nachts. Ich muss doch eingeschlafen sein, doch jetzt spüre ich meine Zähen nicht mehr. Vorsichtig bewege ich die Füße hoch und wieder runter sodass langsam die wärme zurückkehrt. Trotzdem trenne ich mich, von meinem jetzt doch, nassen Schal und wickele diesen um meine Füße, weil ich ehrlich gesagt an die abgestorbenen Zehen der Bergsteiger denken muss - und dann an meine. Ich wache wieder auf. Es ist immer noch stockfinster, der Regen peitscht gegen das Zelt, der Wind zerrt an der Plane und das schlimmste ich muss mal raus. Nass klettere ich wieder zurück in meinen kalten Schlafsack und bete, die Nacht solle schneller vorbei gehen. Tatsächlich schlafe ich etwas besser ein, jedoch wache ich regelmäßig zitternd auf, ehe ich wieder in einen Trance ähnlichen Schlaf falle. Um halb 7 habe ich genug und flüchte aus meinem Zelt unter das Dach der Holzhuette zu meinen Sachen. Ein gestern Abend zu uns gestosener Deutscher, Soloreisender aus Köln ist ebenfalls schon wach , sodass wir gemeinsam auf den Tagesanbruch warten. Während wir einen Tee nachdem anderen schlürfen legt sich der Regen und der Wind lässt auch langsam nach. Ich bin nach der Nacht müde, mir ist kalt und ich muss wirklich mit meinen Kräften Haushalten. Es ist der 5 Tag und die Hälfte des Weges, und davon der anspruchsvollste Part, liegen hinter mir, zumindest dies gibt mir Mut für die kommenden Kilometer. Vielleicht schaffe ich es ja auch ein Campingplatz zu überspringen und so eine Nacht zu sparen. Wir werden sehen. Früh Morgens breche ich auf, da ich es bis zum Camping Paine Grande schaffen will, also über 30 km, Wanderweg. Da ich den Amerikaner nicht finden kann, und auch nicht wirklich suche, aber den kalten Campingplatz schnell verlassen möchte, wandere ich alleine los. Es geht erstmal einige Kilometer abwärts. Während die Sonne scheint, marschiere ich über den durch Wasserrinnsale durchzogenen Pfad, der sich ab und zu in einen einzigen Bach verwandelt, sodass ich wieder Gott für die guten Trekkingschuhe danke. Durch feuchten Wald, über rutschige Wurzeln , dann wieder über nasse Steine laufe ich den Pfad entlang , bis langsam das Gletscherpanaroma in einen See übergeht.
Der Wanderweg verläuft entlang des Gletschers, dann an dem türkisgrauen See unterhalb des Gletschers weiter, bis dieser einem hellgrünen von der Sonne beschienen, mit Steppenlandschaft überzogenen Inseln, gesäumten, größeren See, weicht. Gleichzeitig verändert sich auch die Landschaft direkt um mich herum. Der anfänglich dunkle Wald lichtet sich zusehends, bis die Bäume vollkommen verschwinden und eine von Felsen umgebende Steppenlandschaft erscheint.
" ein Daunenschlafsack ist ganz wichtig, Ah und ein wasserdichtes Zelt! Ich hab meine Erfahrung gemacht. "
"Siehst auch ganz schön fertig aus" bemerkt die eine.
"Danke. Aber ja bin ich auch"
Sie fragt nach meinem Alter und nachdem ich zugebe das ich 19 bin blicken sie mich irritiert an.
"19??!"
Alle romantische Chancen dahin. Nein, mit dem halben Vollbart den ich mittlerweile habe und den ungepflegten verwuschelten Haaren, sowie den müden, tief sitzenden Augen, sehe ich wie ein Wilder aus und nicht attraktiv und auch nicht wie 19. Trotzdem unterhalte ich mich noch gut mit den beiden sympathischen Studentinen, bis ich müde, von den letzten Tagen und Nächten geschlaucht, früh schlafen gehe. Die Aussicht auf die erste Nacht ohne Regen lockt mich in mein Zelt.
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