Montag, 4. Mai 2015

Ein Krater, eine Mondlandschaft und Bäume aus der Zeit der Dinosaurier im Parque Nacional Malacuhello-Nalcas

Die letzten dunkelgrünen Araucarien ziehen an uns vorbei und trostlose schwarz-graue Aschelandschaft umgibt uns. Schweigend fährt unser Taxi die sandige Straße hinauf, Staubwolken wirbeln durch die Luft, welche trockener wird und in dem stickigen Taxi fast unangenehm ist. Wir fahren serpentinenartig einen dunkelbraunen sandigen, kegelförmigen Berg hinauf,  möglicherweise auch ein Vulkan, und betrachten den schwarzen Sand des hohen Vulkan Lonquimay, an des Hängen leblose Skilifte mitten in der wüsten Landschaft , hinauf führen. Auf einem Vulkan Skifahren durchaus eine Vorstellung die mich reizt,  jedoch passt die Skisaison Chiles leider nicht mehr in mein Reiseplan. Auf ca 1000 m Höhe lässt unser wortkarge Chauffeur uns aussteigen und wir vereinbaren die Uhrzeit zum Abholen,  bevor wir die ersten Schritte auf dem schwarzen Sand wagen. Unser Blick wandert über die schwarzen Hügel,dem vom Wind über den Boden getragenen Staub, bis zu dem von schwarzen Steinen umzingelten Krater, unser Ziel. Blau gefärbte Holzstäbe markieren den unsichtbaren Weg über die Dünen, die wie einer der leblosen Planeten in den Science- Ficton Filmen wirken. Einzig die Schwerelosigkeit fehlt,  es fällt jedoch nicht schwer sich vorzustellen über diesen aschebedeckten Boden zu schweben um als erster Mensch die Amerikanische Flagge in den Boden der Mondlandschaft zu stecken. Fasziniert von der einmaligen Landschaft laufen wir auf das Fußende des Crater Navidads zu, der 1988 ausgebrochen ist und diese Landschaft erschuf. Joshi macht sich als erster, voller Elan,  an den Aufstieg, bis zum Kraterrand.  Zuerst testen wir jedoch, die in unzähligen Größen vorhandenen Vulkangesteinsbrocken, welche sehr leicht sind und ab und an verschiedenfarbige Mineralien in sich tragen, sodass sie blau, lila, rötlich,  gelb und grün leuchten.

 Über die vielen kleinen Aschebrocken klettern wir, wieder einmal froh um die guten Lowa Schuhe, den steilen Weg bis zum Krater hinauf. Noch bevor wir den Gipfel des Vulkans erreichen, bleiben wir mehrmals stehen um das Panorama über die weite Vulkanlandschaft  zu betrachten. Im Hintergrund ragen die Gipfel weiterer Berge ( oder Vulkane ) schemenhaft in den blauen Dunst des Himmels,  vor uns erstreckt sich eine schwarze, vegetationslose Erde,  durchzogen von rot orangenen Streifen bis zu den, in die mondlandschaft hineinragenden, leicht bewaldeten Hügel,  des Parque Malalcueiio-Nalcas. Wir laufen die letzten Meter bis zum Krater und plötzlich tauchen neben uns Wasserdämpfe aus den rot leuchtenden Steinen auf und wärmen unsere Haut. Ringsum um den metertiefen  Krater dampft es aus mehreren Stellen,  während der dunkelrote Schlund schweigsam vor uns liegt. Löcher so tief, das wir das Ende nicht erspähen können ragen vor uns auf und natürlich können wir es nicht lassen uns dem dunklen Loch zu nähern. Vorsichtig läuft Joshi voran,  langsam über die roten - schwarzen Steine in Richtung Mitte des Kraters, wo der tiefe Schlund alles verschluckt. Kurz vor dem schwarzem Nichts bleiben wir stehen und es wird uns ganz mulmig,  sodass wir schnell wieder nach oben an den Rand des Kraters laufen. So ein Vulkan strahlt schon Kräfte aus, die wir uns nicht vorzustellen vermögen, und dieser hier ist erloschen, nicht so wie der feuerspeiende Calbuco weiter südlich, der zum Glück erst nach unserem Aufenthalt in Pucon, die Stadt mit Asche und Schwefel beregnet hat. Joshi voran klettern wir energisch über die dampfenden Steine, über blaue, schwarze , weiße, rote, und nähern uns dem Gipfel des knapp 2.000 Meter hohen Kraters. Kurz bevor der letzte Abschnitt steil ansteigt kehre ich um und nur Joshi nähert sich weiter dem oberen Rand des kugelförmigen Vulkanes, von wo aus er nach unten über den schwarzen Sand rennen möchte. Von unten erkenne ich Joshi als kleine Gestalt am Gipfel , sich nach allen Seiten umschauend, als er mich fragt ob er wirklich den Vulkan hinab springen solle,  was bei dem schwarzen Sand theoretisch sogar möglich ist. Ich weiße ihn daraufhin,  dass wir in der Atacama-Wüste noch sicherere Dünen hinab rennen können, woraufhin hin er zu mir zurückkehrt und wir geminsam den von der Conaf empfohlenen Rückweg angehen. Am Ausgangspunkt angekommen ärgert sich Joshi zwar die schwarze Düne nicht hinabgerannt zu sein, ich dagegen bin insgeheim froh darüber. Zu meinem Erstaunen erscheint unser Chauffeur pünktlich zu verabredeten Zeit am ausgemachten Treffpunkt und bringt uns zurück zu unserem kostenlosen Campingplatz, im Hinterhof der Conaf Station , am südlichen Eingang des Nationalparkes.

  Von dort aus starteten wir auch unsere kleine Wanderung durch den eindrucksvollen Jahrhunderte alten Wald voller Araucanien, welche sehr selten sind, in nur wenigen Teilen der Welt wachsen und noch aus der Zeit der Dinosaurier stammen. Der nette Besitzer unseres Hostels in Curacautin erzählte uns sogar,  das es im benachbarten Nationalpark Conguillo einen über tausend Jahre alten Baum gibt und es mehr als sechs erwachsene Menschen benötigt um den Umfang zu umspannen! Wir laufen allerdings an etwas jüngeren Araucanien vorbei, also "nur" zwei drei Hundert Jahre,  vielleicht auch mal fünfhundert. Die hohen, kräftigen Stämme und die dunkelgrünen, tannenähnlichen Zweige beschatten den angenehm warmen Wanderweg,  während Joshi, seinen Holzvogel schnitzend, und ich pfeifend, die kurzen Tausend Höhenmeter bis zur Baumgrenze überwinden. Nach 2 Stunden kommen wir am Ende des Weges an. Die Bäume geben eine steinige Landschaft frei,  auf der einen Seite ragen vulkanische Felsen in die Höhe,  auf der anderen blicken wir auf ein buntes Dach der herbstlichen Bäume. Zufrieden mit uns  und berauscht von einem weiteren sensationellen Ausblick, setzen wir uns auf zwei Steine und packen unser Picknick aus. Vorgekochter Reis mit Gemüse, etwas Brot und Käse. Gut gelaunt scherzen wir miteinander, während wir unser karges Mal verspeisen. Plötzlich zieht ein unheimlicher Nebel über den Bergkamm direkt auf uns zu und weiße Schleier umhüllen uns. Noch vor ein paar Minuten sahen wir über die bunten Bäume bis ins Tal hinab und jetzt kaum mehr die Hand vor Augen. Unheimlich still ist es geworden, während die Nebelschwaden mit einer unglaublichen Geschwindigkeit an uns vorbei ziehen,  muss ich an die Harry Potter Filme denken und ich verkrieche mich tiefer in meine Jacke, da der feuchte Nebel auf 2000m uns etwas frösteln lässt. Nach ein paar Minuten ist das Schauspiel vorüber und wir erkennen wieder die vulkanische Landschaft im Norden und den Wald im Süden. Trotzdem  überkommt uns der Drang abwärts,  zurück zur Conaf-Station, wo unser Zelt steht zu marschieren. In unsere Schlafsäcke gehüllt schlafen wir gut gelaunt ein. Die vorerst letzte Nacht im Zelt geht schnell herum , bevor es am nächsten Tag , nach unserem Ausflug zum Crater Navidad, weiter nach Valparaiso geht.  

 

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