Sonntag, 26. April 2015

Thermen, Rafting und eine Fahrradtour im sonnigen Pucon

Feundlich begrüßt uns der Besitzer unseres Hostels, Herr Wohlenberg, bevor wir hinaus auf die Gassen der quadratisch angelegten Stadt treten. Die sauberen Straßen sind gesäumt von Hostelschildern, schicken Läden, und haufenweise Touristenagenturen,  welche es schaffen, alle ein schöneres Bild des Vulkans Villarica zu präsentieren.  Die gepflegten Häuser, Cafés und Bars,  sowie die grünen Berge mit dem Vulkan Villarica im Hintergrund und dem gleichnamigen See, verleihen der Stadt ein sympathisches Gesicht. Es scheint als gilt Pucon und seine Umgebung nicht ohne Grund als Touristenhochburg, welche im April, zum Glück, ihren Charme nicht gänzlich an die Menschenmassen verliert , die uns aufgrund der Nebensaison und der Eruption des Villaricas erspart bleiben. An unserem zweiten Tag fahren wir morgens früh los in eines der zahlreichen, natürlichen Thermalbäder am Rio Liucura, um genau zu sein, zur Therme Quimeyco. In den 5 verschiedenen Steinbecken, welche wir die erste Hälfte des Tages ganz für uns haben, beschleunigen wir unseren Puls in dem dampfenden Wasser, um ihn danach, in dem kalten Fluss wieder herunterzufahren. Nachdem Joshi sauer feststellt,  dass die Cafeteria Besitzer das Wifi Passwort nicht preisgeben und somit kein Live Radio des Bayernspiels möglich ist, füllen sich die Bäder zunehmends,  sodass es etwas lauter zugeht. Trotzdem fahren wir Abends sehr entspannt zurück zu unserem netten Gastgeber in Pucon.
 Am nächsten Morgen bereitet Joshi ein herrliches Omelett zu, während ich von der bisher besten Bäckerei, der Panderia Rostock, natürlich hat sie einen deutschen Namen, warme Brötchen hole. So genießen wir ein herzhaftes Frühstück bevor wir in die Stadt laufen , wo wir Fahrräder ausleihen um die Umgebung mit ihren bekannten Ojos de Carburga und dem Lago Carburga zu erkunden. Im Supermarkt kauft Joshi sich Camembert und ich mir Ziegenkäse sowie chilenische Chorizo, was wir als Picknick mitnehmen. Mit den frisch erstandenen Fahrrädern geht's los , erstmal aus der Stadt raus, den Fahradweg entlang.  Bei Sonnenschein und blauem Himmel verpassen wir fast die erste Abzweigung,  welche uns von der Hauptstraße weg, in bewaldetes Gelände führt, wo wir froh sind Mountanbikes zu haben, jedoch bald feststellen müssen, dass die Schotterstrase, gepaart mit den harten Satteln, am Ende des Tages zu blauen Flecken führen könnte. Ich will keine Fotos von diesen Hochladen, aber es gab sie, denn unsere Sattel waren qualitativ das genaue Gegenteil von Selle-Royal. Die unebene, erdige Straße vor uns, Sträucher und ab und an ein eingezäuntes Gelände  begleitet uns, bis die Straße plötzlich, durch ein Banner hindurch, zu einem verlassenen Haus führt. Die Straße scheint hier ihr Ende zu nehmen und da aus der halbfertigen Villa, mit trockenem Pool, nur Radiosound erklingt,  jedoch keine Menschenseele zu entdecken ist, kehren wir um, in der Hoffnung Einheimische nach dem Weg fragen zu können. Nach ca. 500 Metern schickt uns ein Campobesitzer wieder zurück zu dem verlassenen Haus, wo wir allerdings seinen beschriebenen Weg nicht entdecken, stattdessen einen kleinen Pfad erspähen, der tief ins Pflanzenreich führende Pfad, ist uns aber, nach den ersten hundert Meter, zu verwuchert, weshalb wir nochmal umkehren. Diesmal fragen wir nach ca 1000 Metern eine freundliche Campobesitzerin,  die uns allerdings wieder zurück schickt, sodass wir zum dritten Mal an der Radio beschallten Geistervilla ankommen,  um diesmal dem schmalen Pfad konsequenter zu folgen. Über sandigen, abschüssigen,  dann wieder steilen Untergrund stellen wir die geliehenen Räder auf eine harte Probe,  erreichen allerdings nach einigen Kratzern durch das dichte, wilde Gewächs,  die Hauptverkehrsstraße, welche uns über eine Brücke zum zweiten Teil des Waldweges, hin zum Lago Carburga führt. Vorbei an Wäldern und weiten Gutsflächen radeln wir die breite Straße meistens steil bergauf, mit kurzen schnellen Abfahrten als Erholungsphasen.
 Nach 15 Kilometern legen wir eine erste Rast ein, wo ich den guten Ziegenkäse, und die schmackhafte Chorizo genieße und Joshi seinen ebenfalls leckeren Camembert.  Auf einer Steinmauer, umgeben von grünem Weideland sitzen wir in der Sonne und genießen die angenehme Luft, während sich unsere Beine und vor allen Dingen unser Gesäß erholt. Nach dieser kurzen Rast müssen wir nur ein kleines Stück weiter radeln, bevor wir das erste Highlight der Radtour erreichen, die Ojos de Carburga. Zuerst entdecken wir nur ein kleines Schild am Wegesrand,  welches auf die Wasserfälle hinweist. Die Wasserfälle scheinen nicht allzu spektakulär zu sein, da keine der Tourismusagentur damit geworben hat und auch der sonst so schlaue LonelyPlanet die Wasserfälle nicht erwähnt. An einem kleinen Holzhaus bezahlen wir 1000 Pesos Eintritt und ich frage den Mann ob die Wasserfälle denn in seinem Privatbesitz sind, worauf dieser bejat. Nicht schlecht, ein paar Wasserfälle im Garten zu haben. Jedenfalls fahren wir mit den Rädern vorbei an dem langen Haus auf einen großen Schotterplatz,  wo auch Campingplätze vermitet werden. Ein kleines Holzschild weist uns den Weg Richtung Wald,  wo wir als erstes an einem Mini-Wasserfall stehen bleiben.
"Dafür hab ich 1000 Pesos bezahlt?  Das ist doch ein Springbrunnen! "
meint Joshi, während wir enttäuscht tiefer in den Wald hinein laufen. Plötzlich erkennen wir die wahren Ojos de Carburga. Drei, schäumende, azurblaue Wasserfälle stürzen von grün umrandeten Felsen in ein blau-grün schimmerndes Becken mitten in einem Waldgebiet. Diese wunderschöne Szenerie halten wir auch sogleich mit ein paar Selfies fest,  bevor wir weiter staunend die Wasserfälle umrunden. Während wir das klare, glitzernde Wasser bewundern,  entdecken wir einen Taucher in dem herrlichen Wasser schwimmen und ehrlich gesagt kann ich ihn vollends verstehen,  da das unbeschreiblich schöne Wasser auch auf uns, wie auf magische Weise, die Lust weckt in das saphirfarbene Becken einzutauchen. Wir packen nochmal unser Picknick aus, hauptsächlich um länger an diesem wunderbaren Ort zu bleiben, ehe wir uns zeitnah, dann doch, von den in die Tiefe stürzenden Wassermassen und dem grün leuchtenden Wäldchen trennen, da wir noch 5 Kilometer bis zum See vor uns haben und die 25 Kilometer auch wieder zurückfahren müssen.
 Wir besteigen wieder unsere Räder um die letzten Kilometer bis zum See zu bewältigen, welche besonders mir, sehr schwer fallen. Das bergauf fahren zeigt seine Wirkung, und wir stellen fest: Joshi hat eindeutig die besseren Beine. Nach 3 Stunden kommen wir am See an , welcher von einem blauen Himmel und stillen, unberührten, grünen Bergen umgeben ist. Ich lege mich ausgepowert auf mein Handtuch an den Sandstrand und betrachte den ruhigen See, während Joshi sofort ohne Badehose ins kalte Wasser stürmt, wovor ich echt Respekt habe. Eisenhart kämpft sich Joshi in den seichten See hinaus,  schwimmt ein paar Runden, ehe er strahlend, wenn auch leicht frierend, mein Handtuch zugeschmissen bekommt.
Nachdem Joshi sich wieder aufgewärmt hat, rollen wir, diesmal die asphaltierte Straße hinab,  zurück nach Pucon. Den Blick auf den rauchenden Villarica , rasen wir in der Abendsonne die wenig befahrene Straße entlang. Doppelt so schnell als beim Hinweg erreichen wir Pucon, wo Joshi eine kuriose Minigolfpartie mit einem Punkt weniger gewinnt und wir fröhlich,  zufrieden mit dem Ausflug, in unsere Hospedaje zurückkehren. Am nächsten Tag machen wir uns um Punkt 10 Uhr, auf den Weg, zu Joshis erster Raftingtour. Mit einer Deutschen und einem Belgier schwimmt unser blaues Schlauchboot immer schneller den Rio Trancura,  übersetzt "Steinbrecher" entlang. Der Name , welcher noch von den Mapuche stammt, macht dem Fluss alle Ehre,  denn es geht an unzähligen Felsen vorbei und nicht selten entkommen wir diesen nur knapp oder laufen sogar auf sie auf. Joshi und der Belgier sitzen an vorderster Front,  die Studentin aus Tübingen neben mir ,in zweiter Reihe, während unser fröhlicher Guide vom Heck aus, "Festhalten!" ruft, rasen wir, möglichst den Steinen ausweichend,  durch die Stromschnellen des "Steinbrechers". Nach zwei, drei 60 Grad steilen Gefällen sind wir durchnässt und bereit , wie beim Canyoning, 6-7 Meter tief von einem Felsen hinunter in das nächste Gefälle zu springen,  von wo aus, wir wieder unseren Anleger erreichen. Wir verstehen uns super mit den beiden Studenten,  die gemeinsam durch Chile reisen,  sodass wir beschließen zusammen zu Picknicken. Der frisch gebackene Elektroingenieur und die Diplom-Psychologin fahren uns , mit ihrem Jeep, so nahe wie nur möglich, an den rauchenden Villarica heran,  wo wir auf dem Anhänger, Brownies,  die legendären Lemon -Cookies und meine neue Entdeckung, Chorizo,  verspeisen. Die beiden Weltenbummler erzählen von ihren Reisen durch Europa,  Asien und New Zealand sowie von ihrem Studium, während wir begeistert lauschen. Die Sonne im Nacken, die ruhige Landschaft neben uns, den Wolken speienden Vulkan vor uns, genießen wir ausgelassen die nette Runde und stoßen auf die wunderbare Zeit als Reisende an.
 Am Abend treffen wir in unserem Hostel noch ein deutsches Pärchen, dass ebenfalls ihr Abi absolviert hat und jetzt durch Südamerika reist. Im Laufe des Abends entwickelt sich ein lustiges Gespräch,  bei dem  Joshi in Jonas  einen One Peace-Fan findet , sodass wir uns erst nach Mitternacht aus den Gesprächen lösen können und das, obwohl wir für den morgigen Aufenthalt bei der Mapuche Familie ausgeschlafen sein wollen.  

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